Induktives Denken

Induktives Denken ist sogar bei Tieren festzustellen: Ein Landwirt füttert seine neuen, jungen Gänse. Anfangs zögern die scheuen Tiere. Nachdem die sie jeden Morgen zur selben Zeit ihr Futter vom Bauer erhalten werden sie zutraulich und denken: „Was für ein tolles Leben und so ein netter Mensch. Jeden Tag so viel Futter!“. Die anfängliche Skepsis ist im Laufe der Zeit vollkommen abgebaut, und sie sind sich sicher, dass die Menschen ihnen zutiefst gutgesinnt sind. Diese Gewissheit wird jeden Tag aufs Neue bestätigt. Umso mehr sind sie geschockt, als der Bauer an Weihnachten auf der Suche nach einem Gänsebraten ist. Dieses Verhalten wird als induktives Denken bezeichnet.

Vor Induktion wird seit dem 18. Jahrhundert gewarnt. Angenommen, ein Anleger hat eine Aktie XYZ gekauft. Der Kurs entwickelt sich rasant nach oben. Diese unerwartete Entwicklung verursacht bei dem Anleger einerseits eine Freude, andererseits ist er ein wenig skeptisch, ob nicht kurzfristig ein Crash zu erwarten ist. Als sich die Aktie auch nach Monaten noch positiv entwickelt, wird seine Vermutung zur Gewissheit: „Diese Aktie kann überhaupt nicht mehr abstürzen.“ – zumal diese Erkenntnis täglich aufs Neue bestätigt wird. In der Folgezeit wird er noch mehr in diese Aktie investieren, womöglich einen großen Teil seiner Ersparnisse. Diese Handlung ist auf induktives Denken zurückzuführen, und wenn der Anleger nicht rechtzeitig verkauft, wird er dafür büßen müssen.

Vor Missbrauch wird gewarnt: Ein Betrüger verschickt 100.000 Börsenprognosen. Er sagt bei der Hälfte seiner Prognosen voraus, dass die Kurse im kommenden Monat steigen werden. Die anderen werden vor einem Rückgang gewarnt. Angenommen, die Kurse sind nach einem Monat gefallen. Daraufhin verschickt er wieder Börsenprognosen, aber nur an die Leute, denen er die richtige Vorhersage gemacht hatte (Kursverfall). Jedoch teilt er diese wieder in zwei Gruppen. Die einen erhalten eine positive, die anderen eine negative Prognose. Nach ungefähr zehn Monaten bleiben vielleicht 50 Personen übrig, die immer die richtige Prognose erhielten. Diese werden dem Makler voll vertrauen.

Doch lassen sich nicht nur andere betrügen. Der Mensch betrügt sich auch selbst. Menschen, die selten krank sind, halten sich für „unsterblich“. Ein Manager, der viele Quartale nacheinander eine Gewinnsteigerung verkünden darf, hält sich für unfehlbar, gleiches gilt für seine Mitarbeiter und Aktionäre.

Fazit: Induktives Denken ist verführerisch, aber nicht ungefährlich.

Hier geht es zur Internetseite von Udo Simianer: http://www.simianer-coaching.de

Udo Simianer

Ein Coach mit Praxiserfahrung: Udo Simianer, Jahrgang 1967, führt seit 1998 erfolgreich sein eigenes Unternehmen. Nebenberuflich studierte er in Göttingen BWL (Diplom und Master). Als CEO hatte Simianer über 10 Jahre Personalverantwortung für mehr als 50 freie Berater und angestellte Mitarbeiter. Udo Simianer hielt als Referent rd. 80 Seminare bzw. Vorträge in den Bereichen Management und Organisation. Nach Absolvieren von nahezu 750 Beratungstagen, ist er nebenberuflich als Dozent und Autor für Lehrmaterialien an verschiedenen Hochschulen aktiv. Udo Simianer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Das könnte dich auch interessieren …