Anreizsystem-Überreaktion

Anreizsysteme bewirken, dass bei Menschen gewisse Reaktionen ausgelöst werden. Die Gefahr besteht jedoch darin, dass es zu einer Anreizsystem-Überreaktion kommen kann, wie die nachfolgenden Beispiele belegen. Um der Rattenplage Herr zu werden, wurde von einer französischen Kolonialherrschaft seinerzeit ein Gesetz verabschiedet, welches für jede tote, abgelieferte Ratte einen bestimmten Geldbetrag vorsah. Der umgekehrte Effekt ist jedoch eingetreten. Die Menschen begannen damit, Ratten zu züchten und dieses Gesetz als Einnahmequelle zu missbrauchen.

Ähnliches geschah in China im 19. Jahrhundert. Es wurde ein Finderlohn für Dinosaurierknochen ausgesetzt. In der Folgezeit hatten Bauern vollständig erhaltene Knochen ausgegraben und diese zertrümmert, damit sie mehrfach kassieren konnten. Selbst Wirtschaftsunternehmen sind der Gefahr der Anreizsystem-Überreaktion ausgesetzt. Das Management versprach einen Bonus bei Zielerreichung. Daraufhin verwendeten die Führungskräften mehr Energie darauf, möglichst viele Ziele zu vereinbaren, anstatt gewinnbringend zu wirtschaften.

Die genannten Beispiele sind typisch für die Anreizsystem-Überreaktion. Grundsätzlich bewirken Anreizsysteme, dass Menschen bestimmte Dinge tun, was in ihrem Interesse liegt. Jedoch ist zu beachten, wie schnell und radikal Menschen ihr Verhalten ändern, wenn Anreize ins Spiel kommen oder verändert werden. Es ist offensichtlich, dass Menschen auf die Anreize reagieren, aber nicht auf die Absicht hinter den Anreizen. Die Lösung besteht darin, Absicht und Anreiz in einem System zu vereinen. Im alten Rom musste beispielsweise der Brückenbauingenieur unter dem Brückenbogen stehen, als sie eröffnet wurde. Er hatte mit Sicherheit ein großes Interesse daran, dass die Brücke nicht einstürzt. Ein Gegenbeispiel dazu wäre, wenn ein Kreditsachbearbeiter pro abgeschlossenem Kreditvertrag bezahlt werden würde. Das Ergebnis wäre ein miserables Kreditportfolio.

Dienstleister, wie zum Beispiel Anwälte, Architekten, Berater oder Wirtschaftsprüfer nach Aufwand zu bezahlen ist sehr riskant. In diesem Fall besteht primär das Ziel, möglichst viel Aufwand zu generieren. Die Lösung hierfür wäre ein Fixpreis bzw. eine Pauschale. Auch ein Facharzt wird immer ein gewisses Interesse an einer Operation haben, selbst wenn nicht ernsthaft das Erfordernis einer Operation beim Patienten besteht. Ein Telefon-Akquisiteur, der pro vereinbartem Termin bezahlt wird, hat den Fokus darauf, möglichst viele Termine auszumachen, unabhängig davon, ob es sich bei diesem Termin um einen potenziellen Kundenkontakt handelt oder nicht.

Fazit: Die Anreizsystem-Überreaktion lauert überall. Es ist immer zweimal zu überlegen, welche möglichen Folgen durch das Anreizsystem entstehen könnten. Wird festgestellt, dass die Qualität des Ergebnisses miserabel ist, sollte das Anreizsystem unter die Lupe genommen werden.

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Udo Simianer

Ein Coach mit Praxiserfahrung: Udo Simianer, Jahrgang 1967, führt seit 1998 erfolgreich sein eigenes Unternehmen. Nebenberuflich studierte er in Göttingen BWL (Diplom und Master). Als CEO hatte Simianer über 10 Jahre Personalverantwortung für mehr als 50 freie Berater und angestellte Mitarbeiter. Udo Simianer hielt als Referent rd. 80 Seminare bzw. Vorträge in den Bereichen Management und Organisation. Nach Absolvieren von nahezu 750 Beratungstagen, ist er nebenberuflich als Dozent und Autor für Lehrmaterialien an verschiedenen Hochschulen aktiv. Udo Simianer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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