Der Überschätzungs-Effekt

Zarin Katharina II. von Russland war dafür bekannt, dass sich zahlreiche Liebhaber durch ihr Bett wühlten. Wie viele es tatsächlich waren, spielt hier keine Rolle, denn es geht darum, wie viel Vertrauen in das Wissen der Menschen gelegt werden kann. Dazu ein kleines Beispiel: Es soll die Spanne der Anzahl Liebhaber der Zarin ermittelt werden, wobei das Ergebnis zu 98 % richtig, also nur zu 2 % falsch liegen darf.

Folglich wäre dies eine Schätzung von 20 zu 70, d. h. Katharina hatte nicht weniger als 20 und nicht mehr als 70 Liebhaber. Eine enorme Spanne. Bei einem Test wurden Hunderte von Menschen beispielsweise nach der Länge des Mississippi, dem Kerosinverbrauch eines Airbus oder der Anzahl Einwohner von Burundi gefragt. Die Spanne durfte frei gewählt werden, unter der Bedingung, höchstens zu 2 % falsch zu liegen. Das Ergebnis überraschte. Statt 2 % der Befragten lagen 40 % mit ihrer Schätzung falsch. Daraus entstand der (Selbst-)Überschätzungs-Effekt.

Dasselbe Phänomen gilt auch für Prognosen: Schätzung des Börsenkurses in einem Jahr oder die Umsatzerwartung im Dreijahresplan eines Unternehmens. Generell wird das Wissen und die Fähigkeit, zu prognostizieren massiv unterschätzt. Der Überschätzungs-Effekt demonstriert den Unterschied zwischen dem was Menschen wirklich wissen und dem, was sie denken zu wissen. Es geht also nicht darum, ob eine Schätzung stimmt oder nicht. Außerdem wurde beobachtet, dass Experten stärker am Überschätzungs-Effekt leiden, als Nichtexperten. Selbst Unternehmer sind von diesem Phänomen befallen. Jeder Restaurantbesitzer träumt davon, die nächste Kronenhalle zu etablieren, jedoch machen die meisten schon nach drei Jahren wieder dicht.

Kaum ein Projekt konnte schneller und billiger fertiggestellt werden, wie geplant. Immer wieder kommt es zu Verzögerungen und Kostenüberschreitungen, wie zum Beispiel beim Airbus A 400 M, beim Opernhaus in Sydney, bei allen drei Gotthardtunneln, Stuttgart 21, Flughafen Berlin (BER) – die Liste lässt sich beliebig verlängern.

Fazit: Alle Vorhersagen sollten äußerst skeptisch betrachtet werden, vor allem, wenn sie von sogenannten Experten stammen. Eine wahre Chance, eine Situation einigermaßen realistisch einzuschätzen, besteht, wenn bei allen Plänen vom pessimistischen Szenario ausgegangen wird.

Hier geht es zur Internetseite von Udo Simianer: http://www.simianer-coaching.de

Udo Simianer

Ein Coach mit Praxiserfahrung: Udo Simianer, Jahrgang 1967, führt seit 1998 erfolgreich sein eigenes Unternehmen. Nebenberuflich studierte er in Göttingen BWL (Diplom und Master). Als CEO hatte Simianer über 10 Jahre Personalverantwortung für mehr als 50 freie Berater und angestellte Mitarbeiter. Udo Simianer hielt als Referent rd. 80 Seminare bzw. Vorträge in den Bereichen Management und Organisation. Nach Absolvieren von nahezu 750 Beratungstagen, ist er nebenberuflich als Dozent und Autor für Lehrmaterialien an verschiedenen Hochschulen aktiv. Udo Simianer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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